Schmerzhafte Mutter – Belm-Icker

Ickari, Yckere, Icker – 2000 Jahre Ortsgeschichte

„Icker“ – was verbinden Menschen mit diesem Dorf? Die schönste Kirche des Landkreises, das beste Schützenfest oder die größte Tierkörperverwertungsanlage Deutschlands? Icker hat all das und noch viel mehr zu bieten! Wie sich der Ort entwickelte, wer dabei mitgestaltet hat und was es heute in Icker zu entdecken gibt: davon erzählt diese Infotafel.

Germanische Siedlung

Keramikscherben, Feuersteinartefakte und Spuren eines Großsteingrabes zeigen, dass das Gebiet des heutigen Dorfes Icker mindestens seit der Jungsteinzeit von Menschen bewohnt wird. Eine Siedlung lässt sich archäologisch noch nicht nachweisen, aber der ungewöhnliche Ortsname ist ein sicherer Beweis dafür, dass es eine solche seit 2.000 Jahren gibt. „Ickari“, so die früheste Bezeichnung des Ortes, lässt sich mit „Ort an einer Kante“ übersetzen. Die germanischen Bewohner kennzeichneten so eine Siedlung in unmittelbarer Nähe zu einem Höhenzug, dem heutigen Wiehengebirge. Dieser ist durch mehrere steile Abbrüche markiert, die für die Menschen jener Zeit wichtige Orientierungspunkte in der Landschaft waren. Der Ortsname gehört zu den ältesten germanischen Siedlungsnamen überhaupt und belegt damit das hohe Alter der Dorfes.

Mittelalterliches Tiedorf

Ein „Tie“ ist ein für die norddeutsche Region typischer Versammlungsplatz in der Dorfmitte. Der „Icker Tie“ befand sich an der heutigen Kreuzung der L109 / L87 Richtung Belm. Leider ist vom ehemaligen Dorfmittelpunkt in Icker nicht mehr viel zu erkennen. Allein seine Existenz verrät aber einiges über die Struktur der mittelalterlichen Siedlung. Zwölf Bauernhöfe gruppierten sich um diesen Platz, ergänzt durch weitere Höfe und kleinere Behausungen im Außenbereich. Die Bewohner bewirtschafteten als Leibeigene regionaler Adeliger ihr eigenes Land und die „Icker Mark“, eine gemeinsam verwaltete Wald- und Weidefläche. Neben Viehzucht und Ackerbau war die Waldwirtschaft eine wichtige Einnahmequelle. Der Tie war daher auch Schauplatz des „Holzgerichts“, bei dem kleinere Streitigkeiten und Verstöße geregelt wurden. Mit der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortsnamens im Jahr 1090 beginnt die schriftliche Überlieferung. In einem Lehnsbrief werden Güter aus „Ickari“ an die Osnabrücker Kirche übertragen.

Konfessionelle Kapellengemeinde

Im späten Mittelalter wurde auf dem Icker Tie eine Kapelle gebaut. Die ursprünglich germanische Siedlung wandelte sich damit endgültig zum christlichen Dorf und wuchs beständig. Die im Jahr 1540 gegründete Siedlung „Espowe“ nördlich des Ortskerns an der „Beeke“, einem Zufluss der Hase, bezeugt diese Entwicklung. Nach dem 30-jährigen Krieg lebten in Icker ungefähr 150 Menschen, von denen ein Großteil Protestanten waren. 1650 wurde das Kirchspiel Belm, zu dem Icker gehörte, allerdings den Katholiken zugeordnet. Die Protestanten mussten daher den Weg nach Venne oder Engter aufnehmen, um den Gottesdienst zu besuchen. In der Kapelle auf dem Tie wurde einmal monatlich und zu den Hochfesten katholische Messe gelesen. An allen anderen Sonntagen machten sich die Katholiken auf den Weg nach Belm. Die durch den Krieg beschädigte Kapelle ist 1674 im barocken Stil renoviert und neu ausgestattet worden. Zum Beginn des 18. Jahrhunderts lässt sich in Icker die erste – katholische – Schule nachweisen. Im Jahr 1782 entstand das „Icker Loch“, ein Erdfall mitten auf der Landstraße nach Osnabrück. Da dieses Ereignis für die Einwohner des Ortes nicht verständlich war, erklärten sie es sich durch „Einwirkung des Teufels“ und verarbeiteten es in einer Sage.

Freies Bauerndorf

Das 19. Jahrhundert brachte für die Ickeraner zunehmende Freiheiten. Mit der Zustimmung Napoleons durften die Protestanten ihre Religion wieder im Kirchspiel ausüben und bauten ab 1815 eine Kirche in Belm. Das Ende der Leibeigenschaft 1831 führte zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Dieser ist noch heute an den historischen Bauernhäusern, die fast alle Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden, zu erkennen. Auch die Schule und ein Feuerwehrhaus wurden zu dieser Zeit gebaut. Mit dem Ende der Leibeigenschaft lösten die Bauern die Icker Mark auf und verteilten das Land untereinander. Bis 1850 hatte sich die Einwohnerzahl auf fast 600 Personen erhöht. Zahlreiche kleine Kotten und Hütten entstanden, die von Heuerleuten in Pacht bewirtschaftet wurden. Da der Lebensunterhalt durch die kleinen Flächen nicht gedeckt werden konnte, arbeiteten viele Menschen in Heimarbeit als Handwerker oder produzierten Textilien. Auch als Bergleute am Piesberg oder Hollandgänger versuchten sie ihre Existenz zu sichern. Rund 100 Menschen wanderten in dieser Zeit von Icker nach Amerika aus.

Kirch- und Wohnsiedlung

Um 1900 verfügte der Ort über eine gute Infrastruktur mit kleinen Kaufläden und Gasthäusern. Besonders die katholische Bevölkerung wollte von Belm unabhängig werden und erreichte dies 1912 durch die Ernennung zur Kirchengemeinde. Mit Unterstützung des aus Icker stammenden Pastors Georg Meyer wurde 1923 die Pfarrkirche „Zur Schmerzhaften Mutter“ gebaut. Die neobarocke Kirche ist im Inneren mit überraschenden kunsthistorischen Schätzen, wie dem spätmittelalterlichen Hochaltar, ausgestattet. Alle älteren Stücke stammen aus der Kapelle am Tie, die nach dem Bau der Pfarrkirche abgerissen wurde. In den beiden Weltkriegen verlor der Ort viele Menschen durch Krieg und Terror. Während der NS-Zeit praktizierten einige Einwohner passiven Widerstand, der durch Denunziantentum anderer  Verhaftungen und Repressionen für den ganzen Ort zur Folge hatte. Nach dem 2. Weltkrieg führte der Zuzug von Vertriebenen und der Bau der Tierkörperverwertungsanlage im Icker Bruch zu einem Bevölkerungszuwachs. Vor diesem Hintergrund begann ab 1966 der umfangreiche Siedlungsbau südlich der Pfarrkirche. Durch Ankauf und Abriss des Hofes Pörtner, der gegenüber der Pfarrkirche lag, entstand Platz für einen Gebäudekomplex mit Kindergarten und Sparkasse. 1972 erfolgte die Eingemeindung nach Belm. Die Anlage reiner Wohnsiedlungen verlief parallel zum Strukturwandel in der Landwirtschaft, der bis zum Ende des 20. Jahrhunderts mehr als 70% der landwirtschaftlichen Betriebe verschwinden lies.

Dorf mit Zukunft

Die Geschichte Ickers ist eine Geschichte der Veränderung. Was braucht die Dorfgemeinschaft, um zukünftige Herausforderungen wie den drohenden Bau der A33-Nord, den demografischen oder den Klimawandel positiv zu bewältigen? Nahversorgungsmöglichkeiten, die auch Orte der Begegnung sind, gibt es nicht mehr. Gemeinschaftsstiftende Institutionen wie Kirche, Schützen- oder Bürgerverein verändern sich. Eine eigene Ortsverwaltung fehlt. Lebendigkeit und Lebensqualität des Dorfes zu erhalten bleibt weiterhin Herausforderung und Chance für alle Ickeraner. Wie gemeinsames Gestalten gelingen kann, zeigt der neue Dorfmittelpunkt, der wie ein „Neuer Tie“ den verloren gegangenen „Alten Tie“ ersetzen will. Durch ehrenamtliches Engagement ist ein Platz entstanden, der Begegnung und Aktion vor dem Hintergrund des ortstypischen Erscheinungsbildes von Bruchsteinmauern, roten Dachziegeln und Fachwerk ermöglicht.  Von hier aus lässt sich die sehenswerte Natur und Kultur des Dorfes durch Wanderungen oder Radtouren erkunden. Das Icker Loch, der Rote Hügel, die Schwarzkreidegrube, die Pfarrkirche mit der Emmaus Kapelle und viele andere kleine Highlights warten darauf entdeckt zu werden!                                                               Sonja Drehlmann

Perlen des Glaubens  rund um die Pfarrkirche in Icker

Dem Glauben auf der Spur

März 2008:
Beim Katechetinnen- Besinnungswochenende im Exerzitien Haus Schwagstorf findet eine erste Begegnung mit den Perlen des Glaubens statt. Jede Perle hat ihre eigene Bedeutung. Ein Gebetsarmband, entwickelt von Bischof Lönnebo aus Schweden, findet durch Kirchen- und Katholikentage erste Verbreitung. Auch in der Kirchengemeinde Icker entwickelt sich mit den Perlen des Glaubens eine erstaunliche Dynamik.

Juni 2010
18 Perlen rund um die Kirche sind der sichtbare Erfolg des in Schwagstorf angestoßenen Prozesses.

Perlenkranz
Perlenkranz – getöpfert von Margrit Droste; Belm

Heute hat jede Perle eine „Patenschaft“. Diese Gruppen haben sich intensiv mit den Themen der Perlen auseinandergesetzt und viele Impulse verbreitet: Ökumenischer Gottesdienst, Firmvorbereitung, Abendlob, Messdieneraufnahme, Perlengang an der Nette, verschiedene Gottesdienste oder der Oasentag der kfd haben gezeigt: „Perlen schaffen Begegnung“!

Margrit Droste, die seit Jahrzehnten mit Ton arbeitet, gab den Anstoß, die „Perlen des Glaubens“ rund um die Kirche zu legen.

Menschen brauchen äußere Zeichen, um sich mit den Inhalten des Glaubens auseinanderzusetzen, Inneres zu bewegen, zu benennen und ins Gespräch zu kommen.

Seitdem prägen die Perlen des Glaubens unser Gemeindeleben und finden viel Interesse über unsere Gemeinde hinaus. Viele Gruppen und Verbände anderer Kirchengemeinden besuchen uns seitdem, um den Perlenweg zu gehen und bei Kaffee und Kuchen über ihre Eindrücke zu sprechen. Die „Perlenwegbegleiterinnen“, ein Team engagierter Frauen, gestalten diese Führungen und sorgen für das leibliche Wohl.

Bei Interesse an den „Perlen des Glaubens“ oder einer Führung melden Sie sich gerne bei uns!

Ansprechpartnerin: Schwester Anne, Tel.05406-880025

Nähere Infos unter:  www.perlen-des-glaubens.de

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